Biodiversitätsinformatik / Biodiversity Informatics |
Beziehungen zwischen taxonomischen Konzepten und die Übertragbarkeit verknüpfter InformationDer Begriff taxonomisches Konzept wird hier als eine Menge von „verwandten“ biologischen Objekten, entsprechend expliziten oder impliziten Auffassungen eines bestimmten Autorenteams, definiert. Es handelt sich also um eine „subjektive“ Abgrenzung eines Taxons. Wird ein bestimmter Taxonname von einem Autorenteam verwendet, so entsteht ein taxonomisches Konzept. Für das taxonomische Konzept werden auch die Begriffe "potential taxon" ((BERENDSOHN, 1995), "taxon view" (ZHONG et al., 1996) oder "taxonym" (KOPERSKI et al., 2000 ) verwendet. Ein taxonomisches Konzept wird durch den verwendeten
Taxonnamen und die Referenz bezeichnet: INHALT: Grundbeziehungen | Zusammengesetzte Beziehungen | Der Verkettungsoperator | Übertragbarkeit von Informationen | Qualifizierung von Beziehungen GrundbeziehungenFolgende Grundbeziehungen aus der Mengenlehre sind in der Biologie für die Beschreibung der Beziehung zwischen zwei taxonomischen Konzepten PT1 und PT2 relevant:
Für zwei beliebige PTi und PTj gibt es genau eine solche Grundbeziehung zwischen PTi und PTj (auch wenn diese unter Umstände nicht bekannt ist). Beispiel (aus KOPERSKI & al. 2000): Innerhalb der Familie der BRYOPHYTA wird von den Autoren eine taxonomische Auffassung für die Art Racomitrium affine (F. Weber & D. Mohr) Lindb. vertreten, die nicht immer mit den taxonomischen Auffassungen anderer Autoren übereinstimmt (siehe Seite 418). Wenn PT1 º PT2, PT1 º PT3, PT1 Ì PT4, PT1 É PT5, PT1 É PT6, PT1 É PT7, PT1 Å PT8 und PT1 ! PT9 Beziehungen können aber entweder durch die Angabe einer oder mehreren Grundbeziehungen oder als Ergebnis einer Kette von Beziehungen (von PT1 zu PT2, vom PT2 zu PT3 und so weiter) entstehen. Deswegen muss der Begriff “zusammengesetzte Beziehung” eingeführt werden. Zusammengesetzte BeziehungenIst R die Menge aller Grundbeziehungen (R = {º,
Ì, É, Å,
!}), so wird jede Untermenge S von R als eine zusammengesetzte Beziehung
definiert.
Dies bedeutet, dass, wenn es eine (zusammengesetzte) Beziehung
S zwischen PT1 und PT2 besteht, dann ist eine der S gehörenden
Grundbeziehungen die Grundbeziehung zwischen PT1 und PT2. Es
gibt 32 (25)
unterschiedliche zusammengesetzte Beziehungen: Die “leere” Beziehung (Æ)
darf nicht mit R5 (!) verwechselt werden. Sie dient nur zur
Repräsentation in sich widersprüchliche Beziehungsangaben. Der VerkettungsoperatorWas geschieht, wenn eine Beziehung S1 zwischen PT1 und PT2 und eine andere Beziehung S2 zwischen PT2 und PT3 besteht? Dafür wird der Verkettungsoperator “®“ zwischen zwei zusammengesetzten Beziehungen definiert, dessen Ergebnis eine dritte zusammengesetzte Beziehung ist. S1 ® S2 = S3 wenn und nur wenn S3 die Beziehung zwischen PT1 und PT3 ist, welche daraus folgt, dass S1 die Beziehung zwischen PT1 und PT2 und S2 die Beziehung zwischen PT2 und PT3 darstellen.
Die Ergebnisse dieses Verkettungsoperators können in einer 32 x 32 Tabelle beschrieben werden. Beispiele: Im o. g. Beispiel
mit Racomitrium affine (F. Weber & D. Mohr) Lindb. hatte man Es gilt PT4 S1 PT1, PT6 S2 PT1 und PT1 S3 PT8 mit S1 = {É}, S2 = {Ì } und S3 = {Å}. Wenn S4 die durch Verkettung
entstandene Beziehung zwischen PT4 und PT8 (bzw. S5 zwischen PT6 und
PT8) ist, so ist Berücksichtigt man aber
die im Text gegebene Begründung für PT1 Å PT8: Daraus folgt, dass PT6 {Ì , Å} PT8, während PT4 {É, Å} PT8 gleich bleibt. Außerdem kann PT5 {Ì , Å, !} PT8 abgeleitet werden. Übertragbarkeit von InformationenBetrachtet man mehrere taxonomischen Konzepte mit zugehörigen Beziehungen, dann entstehen neue Beziehungen durch Verkettung. Wie können diese neue Beziehungen so interpretiert werden, dass der Endnutzer einen Hinweis über die Qualität der von einem zum anderen taxonomischen Konzept übertragenen Informationen erhält? Es gibt vier Optionen für die Übertragbarkeit von an das taxonomische Konzept PT1 gekoppelte Informationen zum taxonomischen Konzept PT2:
Nur in den ersten drei Fällen sollten dem Endnutzer die übertragenen Informationen und die Qualität der Übertragbarkeit (mit entsprechenden Kommentaren) angezeigt werden . Stellt man sich im Falle der unterschiedlichen taxonomischen Auffassungen von Racomitrium affine die Frage nach der Übertragbarkeit nach PT1 (Racomitrium affine (F. Weber & D. Mohr) Lindb. sec. KOPERSKI & al. (2000)) von eventuell an die anderen Auffassungen gekoppelten Informationen, so gilt:
Betrachtet man die oben diskutierten Beziehungen zwischen PT4, PT5 bzw. PT6 und PT8, so gilt:
Qualifizierung von BeziehungenWenn der Experte Zweifel an die Beziehung hat, kann er sie mit “?”
(zweifelhaft) markieren. In dem schon erwähnten
konkreten Beispiel haben KOPERSKI & al. in zwei Fällen die
angegebene Beziehung nur als Vermutung beschreiben, so dass die
Beziehungen als Diese Markierung wird an durch Verkettung abgeleitete Beziehungen weitergeleitet. Dementsprechend ist die Beziehung zwischen PT4 und PT8 S4? = {É?, Å?} und nicht nur S4 = {É, Å}. Im Bezug auf die Interpretation von Übertragbarkeit wird die “zweifelhaft” Markierung derart vererbt, dass: wenn PT1 S PT2, So kann man sagen, dass Informationen, die an Racomitrium heterostichum (Hedw.) Brid. sec. SMITH (1980) gekoppelt sind, nicht nur „partiell“ an Racomitrium sudeticum (Funck) Bruch & Schimp. sec. CORLEY & al. (1981/1991) übertragbar sind sondern noch dazu, dass diese partielle Übertragbarkeit zweifelhaft ist. QUELLEN BERENDSOHN, W. G. (1995): The concept of "potential taxa" in databases. - Taxon 44: 207-212 KOPERSKI, M., SAUER, M., BRAUN, W. & GRADSTEIN, S. R. 2000: Referenzliste der Moose Deutschlands. Dokumentation unterschiedlicher taxonomischer Auffassungen. Schr.-R. f. Vegetationskunde. 34: 1-519. ZHONG, Y., JUNG, S., PRAMANIK, S. & BEAMAN, J. H. 1996: Data model and comparison and query methods for interacting classifications in a taxonomic database. Taxon 45: 223-241.
Marc Geoffroy, Juli 2001 __________________________________________________________________________
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