W. G. Berendsohn, C. Häuser & K.-H. Lampe (1999) 
Biodiversitätsinformatik in Deutschland: Bestandsaufnahme und Perspektiven
Bonner Zoologische Monographien 45. Zool. Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn.


3.4. Standardisierung

Eine globale Informationsstruktur setzt eine gewisse Standardisierung voraus. Bestes Beispiel dafür ist das Internet und seine verschiedenen Protokolle (tcp/ip, ftp, http etc.), das auch ein Vorbild für die Möglichkeit der weitgehenden Selbstorganisation solcher Standards setzt.

Biodiversitätsinformatische Strukturen setzen auf diesen technischen Standards der Informationsübermittlung auf. Aber auch im Bereich der Datenformate und Daten selbst sind Standards und Normen Voraussetzung für ein reibungsloses Zusammenspiel verschiedener Informationsquellen. Hierbei muß man drei Bereiche unterscheiden: (1) Datenstrukturinformation, d.h. Felddefinitionen und Informationsmodelle, (2) Standarddatenkataloge und Thesauri und (3) Metadaten (Daten über Daten).

Pionierarbeit, besonders für botanische Datenbanken, wurde von der 1985 ins Leben gerufenen Taxonomic Databases Working Group (TDWG) geleistet. Dieser Arbeitsgruppe gehört ein großer Teil der wichtigen naturkundlichen Institutionen weltweit an und sie findet sich jährlich zu einem Arbeitstreffen zusammen. In mehreren Untergruppen wurden Datenaustauschstandards, z.B. in Form von Datenbank-Felderlisten für Herbarien, botanische Namen, allgemein taxonomische Daten und Akzessionen in Botanischen Gärten entwickelt und von der TDWG anerkannt. Diese Datenstrukturstandards finden heute weite Anwendung bei der Konzeption von biologischen Datenbanken. Auch mehrere Standarddatenkataloge wurden verabschiedet, so Standardabkürzungen für Zeitschriften, Autorenzitate wissenschaftlicher Namen, geobotanische Regionen und Präsenzdaten. Die TDWG hat inzwischen ihren Wirkungskreis auf den Bereich der gesamten Biologie ausgedehnt (TDWG 1999).

Neben zahlreichen veröffentlichten Modellen implementierter Systeme existieren relativ wenige theoretische Informationsmodelle. Die US-amerikanische Association of Systematics Collections veranstaltete 1992 einen Workshop, aus dem ein Kernmodell (das ASC Model, ASC 1993) hervorging, welches in seinen Grundzügen heute von vielen Datenbanksystemen in der Systematik eingesetzt wird. Als Resultat zweier von der DG-XII zwischen 1993 und 1999 finanzierten Projekte wurde ein allgemeines Informationsmodell für Biologische Sammlungen (Berendsohn et al. 1999) publiziert. Wie bereits erwähnt, existiert im Zusammenhang mit dem IOPI Projekt ein allgemeines Informationsmodell für botanische Taxa, welches unschwer in Richtung eines auch die Zoologie abdeckenden Modells erweitert werden kann (das IOPI Model, Berendsohn 1997).

Im Zuge der zunehmenden Datenverfügbarkeit und der Vernetzung verschiedener Datenbanken werden standardisierte Metadaten, also Daten zur Qualitäts-, Herkunfts- und Aktualitätsbezeichnung vorhandener Daten, immer wichtiger. Dies ist ein weit über den Bereich der Biodiversitätsinformatik hinausgehendes Problem, und es können durchaus bestimmte allgemeine Standards wie z.B. der Dublin Core (Weibel et al. 1998) ganz oder teilweise übernommen werden.

Zu Standards, Modellen und Metadaten, die im Rahmen von Sammlungsinformationssystemen wichtig sind, existiert eine Referenzliste der TDWG Subgroup on Accession Data (in Zusammenarbeit mit dem BioCISE Projekt) auf dem WWW (Berendsohn 1999a).

Nächstes Kapitel


Inhalt | 1. Biodiversitätsinformation | 2. Biodiversitätsinformatik | 3. Internationale Strukturen: 3.1. Politischer Rahmen; 3.2. Umsetzung international, 3.3. Initiativen; 3.4. Standardisierung | 4. Strukturen in Deutschland: 4.1. Umsetzung internationaler Übereinkommen; 4.2. Umweltinformationssysteme; 4.3. Genetischen Ressourcen; 4.4. Gobale Biodiversität; 4.5. Zusammenfassung | 5. Strategie und Prioritäten: 5.1. National koordinierte Forschungsförderung; 5.2. Verbesserung der Infrastruktur; 5.3. Informationserschließung | Danksagung | Zitierte Literatur | Abkürzungen | Home


© Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn 2000. WWW-Ausgabe mit freundlicher Genehmigung des ZFMAK, © Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem 2000